Berlin 2003

cbeinecke

New member
Etwas enttäuscht war ich schon. Aber eines nach dem anderen.

Die Wochen in der Vorbereitung versprachen eigentlich mehr. Aber scheinbar bin ich einfach zu langsam gelaufen. Ich dachte eigentlich, dass ich mit einem geplanten Schnitt von 4:00 min/km noch konservativ laufen würde. Das Wetter war spitzenmäßig. Schön kühl (ca. 10-11°), sonnenschein, kein Wind. Ach ja und es war eine schnelle Strecke. Da waren selbst in Hamburg mehr Rampen drinnen. Leider waren nicht an allen Streckenabschnitten Zuschauer, aber dafür auf den letzten 2 km. Das war dermaßen laut, dass einem die Ohren schon wehtaten.

Die Startphase ist in Berlin super gelöst. Entsprechend seiner angegebenen Zeit, kommt man in einen entsprechenden Startblock. Die Startblöcke sind untereinander abgetrennt und man kommt auch nur rein, wenn man seine Nummer (auf der der Startblock steht) vorzeigt. Da ich schon ziemlich weit vorne Stand, dauerte es nur ein paar Sekunden vom Startschuss bis zum Zeitpunkt an dem ich über die Startlinie bin (ca. 15 sek.) Ich konnte von anfang an fast mein Tempo laufen. Der erste km war dann in 4:05 min/km. Da dachte ich mir noch, ok ganz frei konnte ich noch nicht laufen. Als der zweite km gedoch wieder in 4:05 war, wusste ich schon, dass wird wohl nichts mit 2:50:00. Da ich diesmal keine Wasserträger hatte, hatte ich mir in kleinen Fläschchen Maltodextrin (und etwas Salz) hochdosiert mitgenommen um diese dann jeweils vor den Wasserstationen zu trinken und gleich mit Wasser nach zu spülen. Das war einfach ein Fehler. Das nächste mal trinke ich nur Wasser. Ich hatte schon bei km 10 das Gefühl einen Klos im Bauch zu haben. Die begleitenden leichten Magenkrämpfe waren auch nicht klasse (aber bin halt selber schuld, Kurt brauchst nicht's dazu zu sagen). Ab km 15 hab ich dann nur nach Wasser getrunken und dann ging es langsam besser. Am liebsten hätte ich mich einfach mal an die Seite gestellt und richtig losgereihert. Und es kam natürlich die obligatorische Sinnfrage, warum mach ich das hier eigentlich, warum quäle ich mich eigentlich so, usw. Nach einer Stunde ging auch mein Puls (trotz gesteigertem Tempo) weiter zurück. Ich hätte in dieser Phase einfach noch mehr Tempo machen sollen. Ab km 25 habe ich eigentlich ständig darauf gewartet, dass es schwieriger wird (wie in Hamburg auch). Doch konnte ich das Tempo relativ locker beibehalten. Dafür kamen auf einmal ganz andere Probleme die ich noch nie hatte. Ich wurde auf einmal kurzatmig und hatte das Gefühl, dass sich mein rechter Lungenflügel nicht vollständig füllt. Ich konnte nicht vollständig tief einatmen. Und beim ausatmen habe ich jedesmal regelrecht gebrüllt (nicht vor Schmerzen, sondern beim normalen ausatmen). Keine Ahnung was da los war. Es hat aber nicht wirklich meine Leistung beeinflusst. Wie auch in Hamburg hatte ich am Ende wieder einen einzelnen km der extrem langsam war 4:30 min/km. Da habe ich auf einem km einfach mal eben so 20 sek. liegen lassen. Der km davor und danach waren in 4:10 und 4:07. Da passt man mal einmal nicht auf. Die letzten 2km waren einfach spitze. Publikum bis zum abwinken und irre laut. Das Brandenburger Tor vor einem und wenn man durch ist, nur noch einen "Sprint" über 600 m bis zum Ziel. Auf den letzten vielleicht 5 km, wurden die Waden auch recht hart, aber Krämpfe gab's keine. Nach dem Zieldurchlauf und ca. 1 km spazieren gehen, waren sie wieder recht locker. Auch meine unteren Bauchmuskeln sind (ein paar Stunden nach dem Lauf) sehr hart. Ich weiß nicht, ob es durch die Probleme bei der Atmung kommt (glaube ich aber weniger), durch den umgeschnallten Gurt oder einfach durch das Laufen selbst (wobei ich sowas noch nie hatte). Jetzt am Abend tun die so richtig weh wenn ich draufdrücke. Ich bin mal gespannt wie da morgen (Montag) der Muskelkater aussieht. Das gleiche natürlich für die Waden. Die Beine fühlen Sie eigentlich heute Abend (Sonntag) super an. Ich hab fast das Gefühl nicht oder kaum gelaufen zu sein.

Diesmal war es nicht ganz so emotianal wie in Hamburg, wo ich das erstemal unter 3:00 blieb, aber es ist trotzdem schön es einfach wieder durchgestanden zu haben und wenigstens sein Minimalziel von 2:55 erreicht zu haben.

Interessant sind auch so die Beobachtungen die man macht. Auf dem Weg vom Ziel zu den LKWs mit den Kleiderbeuteln, ging man durch den Tierpark. Hier herschte eine angenehme Ruhe, weil jeder noch in Gedanken seine Lauf durchging. Es wäre bestimmt mal interessant seine Gedanken wärend des Laufes irgendwie aufzuzeichnen, da man vieles am Ende wieder vergessen hat. Ich erinnere mich auch noch, an die vielen Jazz Combos an der Strecke. Da wäre man gerne mal stehengeblieben.

Beim nächsten mal werde ich mal ausser Wasser nichts zu mir nehmen. Greif vertritt ja auch die Meinung, Wasser reicht. Ein Argument, was ich in diesem Zusammenhang noch gehört habe, ist, dass langkettige KHs zu lange brauchen, bis sie zur Verfügung stehen. Ich werd's einfach mal ausprobieren, auch wenn die Wissenschaft was anderes sagt.

Dann muss die 2:50 halt das nächste mal dran glauben. Es wäre heute sichelich noch einiges mehr drin gewesen (mal abgesehen von den 20 sek am Ende). Vielleicht hatte ich einfach Angst, dass Tempo noch zu erhöhen, bzw. schon von Anfang an schneller zu laufen. Da ich am Ende noch ohne großen Kampf (im vgl. zu Hamburg) das Tempo halten konnte, muss da noch was drinnen gewesen sein. Es ist halt auch unheimlich schwer, ein einmal eingeschlagenes Tempo entscheidend zu steigern. Aber man lernt ja aus seinen Fehlern (naja, zumindest geht so das Sprichwort). Am Anfang des Laufes hatte ich einen Puls so bei 165 (84%) und eigentlich wollte ich etwas niedriger Anfangen. Ab km 15 ging der Puls dann runter auf 160 (81,5%). Da hätte ich wohl sofort gegensteuern sollen und das Tempo damit erhöhen. Aber den Augenblick habe ich wohl "verpasst" und habe es dann später nicht mehr geschafft (mental) zu steigern. Beim Zieleinlauf hatte ich gerade mal einen Puls von 168 (85,5%).

Da ich noch keine Gelegenheit hatte diesen Text direkt nach dem Lauf ins Internet zu stellen, kann ich ja auch gleich noch meine Gedanken von Montag dazu schreiben. Muskelkater hab ich dann doch bekommen, aber ich würde ihn mal als mittelstark bezeichnen. Zumindest kann ich noch Treppen laufen. Der Druckempfindlichkeit auf meinen Unteren Bauchmuskeln kommen wohl nicht von den Muskeln selber, sondern vom "Gewebe" darüber. Es handelt sich wohl einfach um Druckschmerzen durch den zu eng geschnallten Gürtel. Dafür sind die Waden ohne Muskelkater.

Gruß

Carsten
 
A

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Re: Berlin 2003
Gratulation!

Auch wenn du dein Ziel nicht ganz erreicht hast, trotzdem eine formidable Leistung!

Mit deinem Bericht hast du mir richtig Gusto auf Berlin 2004 gemacht :winke:

Was hast du denn langfristig so an Marathonzeiten geplant?

Gruss Flo (der gerade am überlegen ob noch ein HM heuer drin ist)

http://static.orf.at/community/user/2002-43/3380.gif
 
Gratuliere!

toll, carsten,
du hast die "schallmauer" von 3 std. geknackt und das ist doch was! davon träumen die meisten hobbyläufer!
eine warnung für die zukunft: wenn du ernsthaft vorhast, das nächste mal nur wasser zu trinken, prophezeie ich dir einen einbruch nach spätstens 2 stunden. greif hat unrecht (eigentlich unverantwortlich, sowas zubehaupten!). eine zufuhr von KH ist zwar theoretisch erst ab einer stunde notwendig, aber auch damit provoziert man nicht selten den "mann mit dem hammer" - glaub mir (ich spreche auch aus erfahrung), es ist tatsächlich zweckmäßiger im sinne von ergogen, wenn man von beginn an KH zuführt. dein fehler war vermutlich, das maltodextrin zu konzentriert zu dir zu nehmen. beginne das nächste mal schon eine stunde vor dem start damit, aber nicht höherdosiert als 80g/liter (plus 1g NaCl) und trinke regelmäßig alle 10 bis 15 minuten. nur wasser zu trinken birgt - neben der fehlenden energiezufuhr mit folgendem "hammermann" - auch die gefahr der hyponatriämie mit konsekutiver dehydratation und kreislaufschwäche bis hin zum kollaps.
alles gute für's nächste mal. sei nicht enttäuscht, du hast eine große leistung erbracht. im nachhinein meint man immer, dass noch mehr möglich gewesen wäre. aber du hast mittlerweile einen standard erreicht, wo die leistungszuwächse immer kleiner werden - trotz steigerung des trainingsumfangs, der ohnehin irgandwann mal limitiert ist.

gruß, kurt (dessen fachkollegin dagmar rabensteiner, mit der er zu seinen studienzeiten gelegentlich laufen gegangen ist, mit 2:34 neuen österreichischen rekord zum abschluss ihrer karriere gelaufen ist. das olympialimit wäre 2:33 gewesen... )
 
Re: Gratulation!

Kurt mein zwischen 2:40 und 2:45 sind realistisch. Ich denke das auch. Ich weiß nicht ob ich 2:30 erreichen könnte. Wenn dann sicherlich nur mit erheblicher Umfangssteigerung und dazu bin ich (zumindest im Moment) noch nicht bereit. Ich hab ja (glücklicherweise) auch eine Familie.

Gruß

Carsten
 
Re: Gratuliere!

Danke Kurt,

aber die Schallmauer hatte ich schon in Hamburg (2:58:20) erreicht. Was mich daran erinnert, dass ich jetzt meine persönliche Daten im Forum aktualisieren :winke:. Übrigens habe ich meinen Trainingsumfang zwischen Hamburg und Berlin nicht geändert. Aber es dauert ja auch etliche Jahre, bis die Anpassungsprozesse optimiert sind.

Was die KHs angeht bin ich noch unschlüssig. Es lag sicherlich an der Konzentration. Evtl. lauf ich ja im Frühjahr wieder in Hamburg und bekomme wieder meine Wasserträger zusammen, wie beim letzten mal. 15 min vor dem Start habe ich sowieso ein 3/4 Liter mit Maltodextrin getrunken.

Könntest Du noch etwas zu meinen Atemproblemen schreiben. Das war neu für mich. Ich konnte einfach nicht richtig tief einatmen und beim ausatmen habe ich regelrecht gestöhnt.

Gruß

Carsten
 
exercise induced asthma?

zu deutsch: belastungsinduziertes asthma bronchiale, "belastungs-asthma". was dagegen spricht, ist, dass ein solches asthma zu beginn einer belastung auftritt und sich nach ca. 15-20min wieder legt ("walking through"-phänomen. deswegen nehmen viele ausdauersportler vor dem start zwei hübe eines asthma-spryas, v.a. im winter, weil das forcierte einatmen kalter luft ein überreagibles bronchialsystem zusätzlich reizt. ich habe schon daüber gepostet). hast du mal kurzfristig dein tempo verschärft? beim asthma ist in erster linie die ausatmung erschwert, weniger die einatmung.
vielleicht war es eine art seitenstechen - schwer zu sagen. könnte eine art verkrampfung der interkostalmuskulatur gewesen sein, die ja als atemhilfsmuskulatur dient.
sorry - du hast die 3 std-schallmauer schon vorher geknackt, ich erinnere mich:winke:. da die strecke in berlin schneller als in hamburg ist und zudem die günstigeren temperaturverhältnisse herrschten, ist deine leistung in etwa gleich mit der in hamburg zu werten. das ist nur allzu logisch und bestätigt meine obige aussage - du hast den trainingsumfang ja gleich belassen. jede weitere steigerung um 5 minuten erfordert eine überproportionale erhöhung des trainingsumfangs. und du weißt, dass es mich freuen würde, wenn deine familie nicht zu kurz kommen würde...

alles gute, kurt
 
Re: exercise induced asthma?

Ich hab von anderer Seite (ehemaliger Leistungssportler) auch den Tipp bekommen, dass ich mich wohl etwas verkrampft habe (naja vielleicht hätte es sich ab km 50 ja wieder gelegt :winke:.

Vergleich Hamburg/Berlin. Im Gegenteil. Die Bedingungen waren ziemlich identisch. Temperatur war in beiden Fällen beim Start bei ca. 11°C. In Berlin am Ende etwas wärmer als in Hamburg. Das Streckenprofil ist auch ziemlich gleich. OK. es war an der einen oder anderen Stelle etwas windiger als in Berlin. Dafür habe ich aber in Berlin nicht alles gegeben (zumindest bin ich dieser Ansicht). Aber damit habe ich ja schon ein kleines Polster für den nächsten Marathon.

Gruß

Carsten
 
ebenfalls gratulation!

ist ein super bericht.
sei nicht enttäuscht. deine leistung war spitzenmässig! du weisst ab einem gewissen level ist eine steigerung doppelt so schwer.

seas, uschi

 
Nachtrag: muskuläre Energiebereitstellung in %

hallo carsten,
darf ich dir eine tabelle in erinnerung rufen, die ich hier schon einige male präsentiert habe. wie du siehst, erfolgt beim marathonlauf die energiebereitstellung zu ca. 80% aus der oxidation von glucose. auch wenn der großteil davon dem muskelglykogen entstammt, sind es immerhin 5% über die leber bereitgestellte blutglucose.
ich würde mir das "nur wasser trinken" also nochmals gut überlegen.

gruß, kurt

muskuläre Energiebereitstellung in %:

Betaoxidation // Glykolyse aerob / anaerob // KRP
-------------------------------------------------------------------

24-Std-Lauf : ca.88 //ca.10 Muskelglykogen+ca. 2 Leber (Blutglucose)

Doppelmarathon: ca.60 // ca.35 Muskel+ca.5 Leber

Marathonlauf : ca.20 // ca.75 Muskel+ca.5 Leber

10000m : 0 // ca.95-97 / ca.3- 5

5000m : 0 // ca.85-90/ ca.10-15

1500m : 0 // ca.75 / ca.25

800m : 0 // ca.50 / ca.50

400m : 0 // ca.25 / ca.60-65 // ca.10-15

200m : 0 // ca.10 / ca.65 // ca.25

100m : 0 // 0 / ca.50 // ca.50
 
Gratulation zu deinem super Erfolg und dem tollen Bericht!
Kann nur ehrfürchtig mein Haupt neigen und dir meine Bewunderung aussprechen!
LG,

Felix
 
Herzlichen Glückwunsch!!! Wirklich eine tolle Leistung, auch wenn es nicht ganz für das gesteckte Ziel gereicht hat. Und viel Glück für's nächste Mal, denn nach dem Lauf ist vor dem Lauf ;-)

Gruß
Stefan
 
auch von mir an dieser Stelle nochmal herzlichen Glückwunsch zu dieser olympischen Leistung (s.u.)!

Das nächste Mal klappt's dann hoffentlich auch mit der richtigen Getränkekonzentration (im 3. Versuch sollte es doch hinhauen :winke:). Bei manchen Marathons kann man sogar eigene Getränke vorher abgeben, die dann an die Verpflegungsstellen gebracht werden.

So etwas ähnliches wie deine Lungenprobleme hatte ich auch schon mal bei langen Läufen bei großer Hitze, nach ca. 2 Stunden - Puls und Muskelgefühl waren OK, aber es ging quasi nicht genug in die Lungen hinein - ganz seltsam ...

Jedenfalls erstmal gute Erholung und lass' Körper und Seele baumeln, du hast es dir verdient! Nicht jeder kann von sich sagen, bei einem derart historischen Rekord dabeigewesen zu sein (wenn auch ziemlich viele :winke:).

Gruß

Ekkehard
 
Verpflegungsstellen

Ja ja, ich weiß. Man kann bei den großen Marathons seine eigenen Getränke abgeben und die werden dann an den dafür vorgesehenen Tischen bei den verschiedenen km deponiert. Der Hinweis bei den Startunterlagen, welche besagen, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, seine Flasche zu finden, vermittelt nicht gerade Optimismus. Ich habe schon Leute vor dem Tisch stehen sehen und nach ihrer Flasche suchen.

Auf zum nächsten.

Gruß

Carsten
 
Hallo Carsten,

Glückwunsch zu dieser Leistung. Das motiviert mich richtig, das auch einmal in Angriff zu nehmen.

Viele Grüße,

Phil
 
A

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Re: Berlin 2003
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