Leichathlet will Muskeln definieren.

Lvca

New member
Hallo allerseits,

ich habe folgendes Problem und hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen:

Ich bin 20 Jahre alt, m, ca. 76kg bei 181cm. Ich mache Weitsprung als Leistungssport mit dem Ziel in 4 Jahren in Tokio bei den Olympischen Spielen zu stehen.

Nun denn; ich habe eine recht schmale Körperstatur, was man sicher am Verhältnis von Größe und Gewicht grob abschätzen kann.

Obwohl ich täglich trainiere (darunter gehört auch 2 mal die Woche Krafttraining, sonst Schnelligkeit, Sprungkraft und natürlich Techniktraining; im Winter sehr viel Grundlagen mit Ausdauer und Athletik), bin ich kaum definiert und habe einen optisch sehr unsportlichen Körper, was mich ungemein stört!
Genetisch bedingt habe ich eine verhältnismässig große Fettschicht im Bauch- und Hüftbereich, was mich am meisten stört.

Laut ärztlicher Untersuchung (wobei ich allerdings bezweifle dass das so stimmt) habe ich einen KFA von ca. 10%

mit einer Körperfett-"Zange" gemessen.
Mein Ziel ist es einfach, "sportlicher" und definierter auszusehen: Fett am Bauch weg (gerne Sixpack) und etwas Brust und Schultern dazu. Nichts wildes, dachte ich mir.
Folgendes Problem kommt allerdi
ngs dazu: Da ich Weitspringer bin,

hat mein Gewicht eine tragende Rolle zum Erreichen der bestmöglichen Weite,

(wie ihr euch sicher vorstellen könnt.) Ergo darf ich von meinen Trainern aus, keinesfalls deutlich mehr wiegen als jetzt. Ich persönlich denke mir, dass alles unter 77-78kg in Ordnung ist. Tendenziell heisst es natürlich: je weniger desto besser.

Ich versuche nun jetzt seit Januar dieses Ziel zu erreichen.

Der klassische Weg ist ja draufpacken, danach definieren. Da ich aber mit der "massephase" genau dann fertig gewesen wäre, als die Saison losging und mein Wettkampfgewicht deutlich zu hoch gewesen wäre, habe ich mir vorgenommen, zuerst abzunehmen (damals 74kg - ich wollte so an die 70kg kommen, also 3-4k runter), um dann etwas "platz" für Muskelzuwachs zu haben.

Ich habe meine Ernährung umgestellt und versucht mit etwa 2000-2100 kcal am Tag zu arbeiten.

Das hat überhaupt nicht geklappt. Habe mich wirklich gut ernährt (habe mich sehr sehr viel informiert, sogar mit Ernährungsberatung), viel Eiweiß, gesunde Fette und nur Vollkorn, dennoch blieb der Gewichtsverlust aus. Dumm wie ich war, dachte ich natürlich: Zu viel Kalorien!! Dann hab ich paar Wochen 1800kcal probiert, was natürlich nach hinten losging (Fressattacken, keine Motivation, Schwäche im Training). Als ich mich dann weiter informiert habe, bin ich letztlich darauf gekommen, dass ich eventuell meinen Tagesbedarf falsch gerechnet habe. Bin von 2400-2500 ausgegangen (habe im Internet solche Rechner ausprobiert) und bin jetzt bei dem Stand, dass ich eher von 2700-2800 ausgehe.

Also bin ich ein Defizit von 400kcal gefahren und hab 2300kcal probiert. Pustekuchen. Das ganze Jahr alle möglichen Sachen ausprobiert und was bei rausgekommen ist, könnt ihr oben lesen: 76kg - 8 Monate Diät und 2kg drauf- super. Auch optisch hat sich gar nix getan.

Bin dann nach der Empfehlung meiner Ernährungsberaterin zum Arzt gegangen. Diagnose: leichte Schilddrüsenunterfunktion, keine Tabletten, ich soll einfach nur viel Seefisch essen und dann gehe das schon bald weg.
Einige in meinem Umfeld sagen, dass wäre die Wurzel meines Problems. Ich bin davon aber nicht ganz so überzeugt, ist ja nur ne leichte und kann mir das ganze irgendwie nicht vorstellen.

Was ich mir nun erhoffe von euch :

1. Glaubt ihr das ist möglich mit dem "erst abnehmen, dann Massephase" ?

2. Habt ihr Tips für mich wegen dem Defizit?

3. Wie soll ich den Aufbau gestalten ohne direkt wieder massig Fett zuzunehmen?

4. Wie ist eure Einschätzung zur Schilddrüse?

5. Generell Tips für Training und Ernährung?


Hab mir den Text eben nochmal durchgelesen und habe gemerkt, dass er sehr schwer zu lesen ist. Sorry, ich hoffe man versteht alles.

Liebe Grüße und vielen Dank im Voraus
LVCA

PS: bin wirklich am verzweifeln. ist echt schrecklich im Trainingslager mit zig topathleten zu sein und sich dafür schämen zu müssen, sein T-Shirt auszuziehen :p
 
Also zu deiner ersten Frage: Es ist definitiv möglich erst abzunehmen und dann wieder zuzunehmen.

Zur zweiten Frage: Beim Defizit wird meiner Meinung nach zu viel Vertrauen auf die Kalorienrechner gelegt.

Die können auch nichts anderes, als eine ungefähre und allgemeine Schätzung zu deinem Bedarf abgeben. Das Defizit muss man einfach finden und langsam die Kalorien anpassen. Sprich du probierst einfach mal 2000 Kcal am Tag auf und wenn du zu schnell abnimmst und dich schwach fühlst passt du es einfach an. Genau so geht es auch anders herum, wenn du nichts abnimmst. Mit der Zeit pendelt sich das ein.

Dritte Frage: erhöhe langsam deine Kalorien.

Vierte Frage: Dabei kann ich dir leider nicht weiterhelfen.

Letzte Frage: -viel Wasser trinken -Vollgas im Training geben -gesund essen -Kalorien anpassen -sich eigenständig zu dem Thema informieren :)

Hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.
 
Hallo Lvca

Zunächst will dir eine Frage stellen: Du scheinst, zweigleisig zu fahren. Auf der einen Schiene setzt du auf die Olympiateilnahme in Tokyo, auf dem anderen Gleis neigst du zu Bodybuilding / Fitness.

Für mein Verständnis wird dich diese Doppelstrategie früher oder später "zerreisen",

sodass du zwischen Stuhl und Bank fällst - und dir beide Ziele flötengehen. Darum sprich doch mit deinen Weitsprungtrainern. Erzähl ihnen, was dich da bewegt, frag sie vielleicht auch, ob ihr gezielt an der Physis arbeiten könnt, weil du glaubst mit mehr Muskelmasse und weniger Fettanteil deine Leistung im Weitsprung verbessern könntest. So würdest du beide Ziele wieder auf eine Linie bringen. Als Alternative kannst du auch mal mit anderen Athleten sprechen: "Hey, was kannst du mir empfehlen, was ich tun kann um ...?"

Im Zweifelsfalle würde ich an Deiner Stelle Olympia den Vorrang einräumen. Körperoptimierung kannst auch in fünfzehn Jahren betreiben. Für Olympia hast du vielleicht zwei, allenfalls drei Chancen. Die solltest du dir nicht entgehen lassen.

Doch diesen Trade-off musst du mit dir selbst ausmachen. Gut möglich aber, dass sich je nach Zielsetzung deine Fragen und Bedenken in Nichts auflösen.

Viel Glück und Erfolg
Rik
 
Erstmal vielen Dank Philippo. Damit kann ich schon einiges anfangen!

Zu Rik: vielleicht ist das ganze ein wenig falsch rübergekommen.

Mein Leistungssport hat absolute Priorität und wenn ich jetzt zB Kugelstosser wäre, würde ich mir auch zig Kilo dafür auf die Hüften futtern.


Mein Ziel ist es sozusagen, beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Generell ist es ja auch einfach von Vorteil Fett mit Muskelmasse zu ersetzen (träge Masse), somit wär ein definierterer Körper nicht nur von optischem Vorteil.
Das sehen meine Trainer übrigens genauso. Es ist nicht so dass ich starke Fortschritte machen würde, wenn ich 5kg weniger wiegen würde. Vielmehr würde es mir was bringen, wenn ich einfach mein jetziges Gewicht haben könnte und das ganze einfach etwas "muskulöser" - das würde mich vor allem im Training robuster und einfach stärker machen. So viel zum Leichtathletik-Aspekt.

Darüber hinaus bin ich zwar Leistungssporler, aber vor allem bin ich ein ganz normaler Mensch, der hier und da seine Problemzonen hat,

die er gern weg hätte. Bin fest davon überzeugt, dass mich ne kleine Transformation glücklich machen würde und damit auch meinen ganzen Alltag beeinflusst (und damit auch mein Sport).

Und zu meinen Kollegen: Die machen nichts anders. Würde sogar sagen, dass sie sich deutlich öfter Schokolade, Eis oder fettige Burger gönnen als ich. Also gehe ich einfach davon aus, dass ich genetisch (und vermutlich ja auch krankheitsbedingt) einfach echt negativ vorbelastet bin - bei meinem Trainingsumfang ist es eigentlich ein Wunder, wie man solche Fettschichten ansetzt wie ich.

LG
 
Hallo Lvca

Ja, da lag wohl ein Fehlverständnis vor :eek:
Gut, dass du deine Prioritäten nochmals verdeutlicht hast -

"Mehr Muskeln, weniger Fett" soll also nicht einfach der Optik allein dienen, sondern vor allem für deinen Sport Positives bewirken.


Ganz sicher wirst du bei gleichem Gewicht mit jedem durch Muskelmasse "ersetzten" Kilo Fett quasi zwei Kilo Leistungsfähigkeit im Weitsprung gewinnen - eine zugegeben etwas plakative, pauschalisierende Aussage.

Dies allerdings nur bis zu einer Untergrenze von rund 10% KF. Je weiter du darunter fällst, desto eher kommt der Hormonhaushalt durcheinander.

Der Körper wird unter Stress gesetzt. Die Folge: Cortisolspiegel steigt und löst katabole Stoffwechselvorgänge in Gang. Deswegen wirst du in der Situation so wie null Muskelmasse mehr aufbauen können.

Von hier ausgehend zweifle ich, ob "zuerst abbauen, dann aufbauen" wirklich funktioniert. Versteh' mich richtig: Es kann durchaus funktionieren, aber nur bis zu o.g. Grenze.

Zu deinen weiteren Fragen:
Habt ihr Tips für mich wegen dem Defizit?

Negative Energiebilanz ist essentiell. Sonst tut sich nichts an der Körperfettfront.

Am besten gehst du nach Versuch-Irrtum-Schema. Am Anfang kannst du deinen Kalorienbedarf berechen und dann so ähnlich vorgehen wie du das schon gemacht hast. Regelmässiges Wägen zeigt dir an, ob du zu- oder abgenommen hast. Dem entsprechend verringerst du deine Kalorienaufnahme in 250-Kalorien-Schritten. Das machst du so lange, bis du einen Wert erreichst, mit dem du langsam, aber stetig abnimmst. Achte aber auch beim Abnehmen auf solides Training und ausgewogene Ernährung, die deinen Eiweissbedarf deckt (ein Mangel kostet sofort auch Muskelmasse)

Wie soll ich den Aufbau gestalten ohne direkt wieder massig Fett zuzunehmen?


Du kannst alles Essen, aber ausgewogen sollte es sein. Fett zuzunehmen macht aufgrund des gesagten keinen Sinn.

Wie ist eure Einschätzung zur Schilddrüse?

Nur sehr generell: die Schilddrüsenüber- wie auch -unterfunktion kann markante Veränderungen in der Körperfülle bewirken. Auf jeden Fall müsste sich ein Arzt darum kümmern - es wird wohl Medikamente geben.

Generell Tipps für Training und Ernährung?


Ernährung hab ich oben besprochen. Training: Ich "schwöre" auf Ganzkörpertraining mit Mehrgelenksübungen, also: Liegestütze / Bankdrücken, Klimmzüge, Kniebeugen, Rudern etc.

Solche Übungen bearbeiten ganze Muskelschlingen in einem Aufwisch und sind daher sehr effektiv.

Zur anderen Seite aber macht es für deine Ziele kaum Sinn, Isolationsübungen (Bizeptscurls sind hier der Klassiker) durchzuführen: Sie kosten viel Zeit, bringen aber wirklich nur sehr wenig.
Hingegen sind weitsprungspezifische Übungen eine super Sache. Da wirst du dich sicher besser auskennen als ich.

Viel Erfolg und Freude
Rik
 
Wow vielen Dank für diese ausführliche Antwort! Die hilft mir sehr viel!

Wie ich ja sagte, hat der Arzt mir Medikamente abgeraten. Ich bin mir aber mittlerweile sehr sicher, dass meine Schilddrüse den Großteil meiner Misserfolge ausmacht. Ich habe keine Eile mit der "Transformation", daher ist es nicht so schlimm, wenn es noch 1-2 Monate dauert, bis ich die Unterfunktion im Griff hab.

Zu de KF-Limit von 10%: Sehr gut zu wissen, aber ich bin wirklich nicht der Meinung, dass ich (trotz der Messungen) bei 10% bin. Ich kenn Leute, die haben elektrisch gemessene 10% und bei denen sieht man schon kaum ein Gramm Fett am Körper (für Laien natürlich). Daher werd ich es zwar im Auge haben und nicht zu viel abnehmen, aber Sorgen mach ich mir deswegen eher nicht :)

nochmals vielen dank an euch zwei.
Lvca
 
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